Aus Peter Butschkows Blog vom 4. Dezember 2021:
All meine Familienangehörigen, Freunde und Bekannten verlassen sofort den Raum, wenn ich mich in dieses Thema fast bis zur Raserei hineinsteigere, also bitte ich schon vorher um Entschuldigung und verstehe jeden, der es ihnen gleich tut und sofort aufhört zu lesen. Es geht um „die Deutschen“ und ihr Verhältnis zum Humor, der mir persönlich dabei längst vergangen ist und ich kann wirklich sagen, ich habe mich ehrlich um Verständnis bemüht. Es ist schon eine Weile her, da habe ich zu diesem Thema bei Lappan ein Buch mit dem Titel „Lachtherapie“ veröffentlicht und versucht herauszuarbeiten, woran es liegen mag, dass wir Deutschen so ein ambivalentes Verhältnis zum Humor haben. Wir lachen wohl auch durchaus gerne, im Bewertungsportal allerdings erteilen wir dem Humor nur eine geringe Benotung. Ich zitiere Gerhard Polt: „Der Humor ist in Deutschland nichts wert.“ Ich muss immer sehr aufpassen, nicht ständig andere Länder zu verherrlichen, in denen es nach meiner Wahrnehmung völlig anders ist. Allerdings hat mal in Regensburg in einer Boutique eine bayerische Verkäuferin, als ich mit einer neuen Hose und offenem Hosenschlitz aus der Umkleidekabine trat, zu mir gesagt: „Wenn der Vogel tot ist, kann man den Käfig ruhig offen lassen.“ Also, es geht doch. Man kann man ja auch nicht sagen, dass in unseren Medien nicht gelacht wird. Gefühlt Tausende von männlichen und weiblichen „Comediens“, neuerdings verstärkt mit Migrationshintergrund, stehen Abend für Abend auf irgendwelchen Bühnen und erzählen lustige Geschichten, manche singen sie sogar. Ich vermute, die Joke-Hunter der Fernsehanstalten streifen Tag für Tag auf der Suche nach Nachschub durch die Fußgängerzonen und fragen die Leute, ob sie witzig und einigermaßen flüssig reden können. Als Cartoonist mit Humorhintergrund stecke ich natürlich tief im Thema. Die Printmedien z.B. haben fast alle, bis auf ganz wenige Ausnahmen, die Cartoons aus ihren Heften verbannt. Der Humor hat keine Lobby, er kostet nur Geld und das geht der Papierpresse in der Schlacht mit den digitalen Medien immer mehr aus. Ich muss ihre Entscheidung schweren Herzens akzeptieren und war selber schon, wie andere Kollegen und Kolleginnen, massiv davon betroffen. Es tobt der nackte Überlebenskampf im Media-Markt, im Buchhandel ist es nicht anders. Amazon liefert alles nach Hause, man muss nur noch zur Wohnungstür schlurfen. Und damit komme ich zum Punkt: Aktuell läuft mein neues Buch „Umso älter man wird, desto komischer werden die anderen“ außergewöhnlich gut. Es ist aber auch ein echt witziges Werk, randvoll mit super lustigen Cartoons…ich hör ja schon auf. Jeder Buchhändler spürt das hier und da womöglich an der auffälligen Nachfrage der Kunden, nun würde man denken, das bewegt ihn dazu, sich von diesem erfolgreichen Titel ein paar Exemplare in den Laden zu legen. Mit 10.- Euro ist das Buch keine übermäßige Investition und verderben tut es auch nicht. Aber alle Leute, denen ich mein Buch in penetranter Hartnäckigkeit ans Herz gelegt habe und die es noch in traditioneller Art und Weise in ihrem örtlichen Buchhandel kaufen wollten, hörten von ihrem Buchhändler/ ihrer Buchhändlerin den berühmten Satz: „Können wir bestellen.“ Das bedeutet also, diese Buchhandlungen ordern von einem erfolgreichen Cartoonbuch immer nur ein Exemplar nach? Wenn jemand danach fragt, kann man es ja wieder neu bestellen und man sieht den Kunden am nächsten Tag noch mal wieder? Läuft das unter Fitnessförderung oder Wiedersehensfreude? Amazon jedenfalls grinst sich einen. Andererseits wiederum stapeln viele Händler die Literatur aus dem Olymp der Spiegelbestsellerliste bei sich zu Türmen. Da brechen sich doch die Komplexe des neidischen, egozentrischen Witzzeichners mit aller Macht Bahn und er lehnt sich schluchzend an die Schulter der Buchhandlungen, von denen er weiß, dass sie in ihrem Sortiment dem Humor die gebührende Ehre erweisen. Meine Grüße gehen an meine Freunde in die Literaturhandlung Paperback nach Bad König und an Regina bei Pustet in Passau. Und an Peter, der schon fünf Exemplare gekauft hat, vier davon will dieser humorvolle Mensch verschenken. Wahnsinn! Aber ein Teil seines Erbgutes stammt ja auch mütterlicherseits aus England.