Bei den deutschen Besatzern war für die Deportation der Juden, die Verfolgung der Résistance und damit verbundene Geiselerschießungen der für den Kriegseinsatz freigestellte Frankfurter Richter Hans Luther als Polizeikommissar verantwortlich. Dies und andere Kriegsereignisse schildert Gerhard Bökel mit zahlreichen, bisher noch nicht veröffentlichten Dokumenten. Anschaulich beschreibt er das vielfältige Lagersystem auf französischem Boden mit Internierungslagern, Arbeitslagern und Lagern für Kriegsgefangene, darunter viele Muslime. Bei der Darstellung der Résistance konnte er auf persönliche Berichte von Widerstandskämpfern und letzte Zeitzeugen zurückgreifen, so der fast einhundertjährigen Renée Lacoude. Ebenso bedrückend wie aufschlussreich ist Bökels Darstellung der Nachkriegskarrieren seiner Protagonisten. So die des Frankfurter Richters Hans Luther, der in Bordeaux nicht nur den Abtransport der Juden anordnete, sondern auch für die Massenerschießung von Geiseln verantwortlich war. Schon Anfang 1954 nahm Luther seine Richtertätigkeit in Hessen wieder auf. Dann verfasste er an der Universität Marburg eine Dissertation zum französischen Widerstand. Ausführlich rechtfertigt er die Geiselerschießungen und stellt dar, dass diese in Bordeaux auf Anordnung des Kommandeurs der Sicherheitspolizei (KdS) erfolgten. Dessen Aktivitäten, die spätere Anklage wegen Mordes und die Verteidigungsstrategie beschreibt Luther in seiner Doktorarbeit juristisch-nüchtern. Allerdings ohne darauf hinzuweisen, dass es sich bei dem KdS um ihn selbst handelte – ein Täter als Historiker.
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