»Schreib mich auf!« Das muss Amerika zu Egon Erwin Kisch gesagt haben. Denn in vier meisterhaften Reportagen, seinen, wie der jüngste Kisch-Biograf Christian Buckard meinte, besten überhaupt, die er in den 1930er-Jahren verfasste, beschreibt er die USA in vielen Facetten – neugierig, klug, mit enormer Lebendigkeit. “Als Leichtmatrose nach Kalifornien” ist ein praller Abenteuerbericht, wie ihn nur Kisch schreiben konnte. Für die Fahrt von New York nach Los Angeles heuerte er 1929 an – als Matrose auf einem Frachtschiff. Er ist 44 Jahre alt.. Lange vor Günter Wallraff wechselt er, der »rasende Reporter«, die Identität und sieht und erlebt von unten – zum Aufschreiben hat er erst danach Zeit – die Vereinigten Staaten von Amerika, gezeichnet von der Weltwirtschaftskrise, durchgeschüttelt von Armut, Ausbeutung und Rassismus. Mittendrin war er und schilderte dies hochlebendig, überwältigend plastisch und durchwegs mitfühlend. Das »Weltwunder« (Kisch) Panama-Kanal erlebte er staunend aus unmittelbarer Nähe. Ebenso nahe kam er Charlie Chaplin in Hollywood, dank des weltbekannten sozialkritischen Romanciers Upton Sinclair. Kaum ein Zeitgenosse des Filmkomikers schilderte diesen so wortmächtig und sensibel.
Egon Erwin Kisch (1885-1948), der Prager, der als gefragter Korrespondent für viele Zeitungen schrieb und ab 1921 erst in Berlin berühmt und dann als Weltreisender und Autor weltberühmt wurde, gilt als Inbegriff des modernen Reporters. Seit 1977 gibt es den Egon-Erwin-Kisch-Preis für die beste deutschsprachige Reportage des Jahres. »Schreib das auf, Kisch!« war sein Lebensmotto. Das tat der »rasende Reporter« – er deckte 1913 die Affäre um Oberst Redl auf – und Globetrotter zwischen Prag, Wien, Konstantinopel, Asien, Australien und New York, Phänotyp des Quecksilbrigen, in zahlreichen Büchern, die allesamt zu Bestsellern wurden: “Aus Prager Gassen und Nächten” (1911) und “Der rasende Reporter” (1925), “Aus drei Weltteilen” (1932) und “Geschichten aus sieben Ghettos”(1934), “Landung in Australien” (1937) und “Marktplatz der Sensationen” (1942).
Foto: Limbus Verlag.