Rahel Blindermann, ein jüdisches Mädchen von der Schwarzmeerküste, macht sich zu Beginn des 20. Jahrhunderts auf, um ihren großen Traum zu verwirklichen: Schauspielerin zu werden. Mit nur 16 Jahren wird sie in Sankt Petersburg vom Leiter der Schauspielschule des Wiener Burgtheaters entdeckt und in die Wiener Schauspielklasse aufgenommen. Mit Temperament, Witz, Phantasie und Unabhängigkeit begeistert sie bereits als junge Elevin Theaterintendanten und letztlich gelingt ihr – als Maria Orska – der Aufstieg zum Star am deutschsprachigen Theater.
Eine einzigartige Karriere beginnt, sie wird zum Publikumsmagneten in der Kulturszene der goldenen Zwanziger Jahre. Diese atemberaubend starke Künstlerin treibt mit Spielfreude und einer großen Begabung für expressionistische Dramatik in Hamburg, Wien und Berlin die Theatermoderne voran. Sie spielt wie “im Rausch”, die Besprechungen sind hymnisch. Als »Lulu« ist sie »Wedekinds schönstes Tier«, in Stücken von Strindberg, Ibsen, Wilde oder Schnitzler offenbart sie “ihre ganze Menschlichkeit”, im Stummfilm wirkt sie geheimnisvoll. Regisseure, Schriftsteller, Theaterkritiker und Publikum liegen ihr zu Füßen, Fritz Kortner und Alfred Kerr schwärmen von ihr. Doch nur wenige Zeit später verliert sie den Halt. Tagsüber zeigt sie sich strahlend auf Partys oder bei Pferderennen in Berlin-Grunewald, sie verkehrt in den Villen der Berliner High Society, unter anderem bei Eleonora von Mendelssohn. Doch in den Bars des Berliner Nachtlebens ist ihre Sucht nach Rauschmitteln ein offenes Geheimnis. Ihre geliebte Schwester begeht Suizid, zudem werden ihre Affären, ihre Ehe mit einem stadtbekannten Lebemann sowie die skandalumwitterte Scheidung von der Klatschpresse aufgegriffen. Am Ende kosten »Lulu« und »Salome« Kraft, die sie nicht mehr hat: Drogenabhängig stirbt Maria Orska 1930 in ihrer Wiener Wohnung. Der letzte Akt ihres Dramas findet nach ihrem Tod statt: Im September 1930 werden in ihrer Wohnung in Wien Kunstgegenstände und Mobiliar versteigert. Kurze Zeit später kommen die Nationalsozialisten an die Macht, niemand hat mehr ein Interesse daran, die Erinnerung an eine freie, moderne, jüdische Frau wachzuhalten. Es folgt der Weltkrieg, Maria Orska ist vergessen. Ursula Overhages intensiv recherchiertes Buch macht die Geschichte dieser Ausnahmeschauspielerin wieder lebendig.