Sergio Leones: “Es war einmal in Amerika”.

„Es war einmal in Amerika“ aus dem Jahr 1984 bildet den Abschluss der sogenannten „Amerika-Trilogie“ von Regisseur Sergio Leone, die mit dem Westernklassiker, „Spiel mir das Lied vom Tod“ 1968 ihren Anfang nahm. Das fast vier Stunden lange Epos erzählt die Geschichte einer Gangster Bande und verfügt über einen breit angelegten Erzählrahmen, der mehrere Jahrzehnte umfasst. Die unterschiedlichen zeitlichen Abschnitte spielen in den 1920er, 1930er und schließlich den 1960er Jahren.

„Es war einmal in Amerika“ porträtiert die Gangster Noodles (Robert De Niro) und Max (James Woods), die bereits seit Kindertagen miteinander befreundet sind und früh eine kriminelle Karriere eingeschlagen haben. Nachdem sie bereits mit jungen Jahren durch Schmuggeleien und Erpressungen zu etwas Geld gekommen sind, wird Noodles wegen eines Mordes verhaftet und muss für viele Jahre ins Gefängnis.
Max und seine Freunde sehen derweil in der Prohibition ihre große Chance und steigen in den Schmuggel mit Alkohol ein. Als Noodles wieder in Freiheit ist, merkt er schnell, dass sein Freund Max ganz groß ins Geschäft eingestiegen ist und sich zu einem Gangsterboss ohne jegliche Skrupel gewandelt hat.
Bald naht das Ende der Prohibition und damit droht die lukrativste Einnahmequelle von Max und Noodles wegzubrechen. Doch es winken schnell weitere Möglichkeiten, die kriminelle Karriere fortzusetzten, etwa mit Hilfe korrupter Politiker oder durch Raubüberfälle. Doch nicht nur die Zeiten ändern sich, sondern auch die Freundschaft zwischen den beiden Männern bekommt ernsthafte Risse, denn sie haben mittlerweile völlig unterschiedliche Vorstellungen über ihre Zukunft. Die Situation spitzt sich zu und es kommt zu einem Verrat, der das Leben aller Beteiligten für immer verändern wird.

Ein Gangster-, ein Actionfilm, der seinen Gestalten fast mythische Größe zuschreibt; eine Fabel, die an Gangstern die Frage von Freundschaft und Verrat, von menschlicher Integrität anhandelt. Und dabei in einem weiten Bogen den Zeitraum von rund 50 Jahren umspannt, ihn immer wieder durch Überblenden assoziativ und faszinierend auf das augenblickliche Geschehen bezieht. Fast vier Stunden Film voller Spannung in der Handlung, voller Spannung auch durch die menschlichen Beziehungen. Ein Film, der durch die Darsteller und ihr Spiel geradezu besticht: sie sind einerseits menschliche Charaktere von großer Intensität (selbst in den kleinen Rollen), andererseits dokumentarische Typen jener Jahre, in denen der Film spielt (nach dem Ende des Ersten Weltkriegs beginnend und 1968 endend). Hinzu kommt eine minutiöse Ausstattung, kommen Bauten, die – teils echt, teils Kulisse – die Atmosphäre und den Stil der Epoche repräsentieren. Der Gesamteindruck wird verstärkt durch eine Kameraführung, eine Farb- und Bildgestaltung, die in dem Bemühen, die Vergangenheit lebendig werden zu lassen, aufgrund ihrer Sorgfalt auch Erfolg haben. Und er wird intensiviert durch eine Musik, die zeitgenössische Kompositionen aufgreift, vor allem aber in den eigenständigen Interpretationen des Geschehens vertiefende Akzente setzt. Ein Film, der in allen Gestaltungselementen das Können seines Regisseurs Sergio Leone beweist, beispielsweise auch in den geschickt arrangierten Massenszenen, den dicht gestalteten Dialogen und rasanten Aktionen. Der seine Handschrift aber auch in der Thematik trägt: Die Möglichkeiten und Schwierigkeiten, menschenwürdige Beziehungen miteinander einzugehen und aufrechtzuerhalten, werden an Menschen aufgezeigt, die als Gangster zu den Outlaws der Gesellschaft, zu den allgemein und unbedenklich Abgelehnten und Verachteten gehören […]. Leone allerdings läßt offen, ob er die hier dargestellten Menschen und Gruppen denunzieren, ob er sie verherrlichen, ob er sie als einen Spiegel des Menschlichen und des allzu Menschlichen verstanden haben will. Er läßt auch offen, ob er die sexuellen und brutalen Praktiken, die er ausführlich in Szene setzt, als Chronist beschreibt, denunziatorisch den dargestellten Menschen und ihrem Milieu oder aber allen Menschen als Verhaltensmöglichkeit anlasten will. […]. Doch solche Hintergründigkeiten der, wie der Titel demonstriert, fabelartig zu verstehenden Zeitinterpretation verdecken und beeinträchtigen nicht die Unterhaltungsqualitäten dieses Films, sondern vertiefen sie: sobald die Problematik des Films erkannt ist, verstärkt sich das Vergnügen daran, mit welch leichter Hand sie unterhaltend und spannend gestaltet ist. Quelle: Deutsche Film- und Medienbewertung (FBW).

 

Originaltitel: Once Upon a Time in America
Regie: Sergio Leone  USA, 1984

Besetzung:                                                                                                                                                                                                                                                             Robert De Niro        Noodles
James Woods           Max
Elizabeth McGovern   Deborah
Treat Williams    Jimmy O’Donnell